Tobias Urech (22), Mitgründer des Jugendtreffs Andersh, erzählt im Interview, warum Anderssexuelle einen «Safe Space» benötigen und warum das Campaign Bootcamp für sein Projekt wichtig war.

Tobias, du engagierst dich für junge Anderssexuelle. Warum verwendest du diese Bezeichnung?

Lustig, dass du fragst. Die etablierten LGBT-Verbände in der Schweiz betonen stets, wie normal wir Anderssexuellen doch sind. Sie setzen sich ein für eine Anpassung an die Norm – beispielsweise mit der Ehe für alle. Versteh mich nicht falsch, ich bin auch für die Öffnung der Ehe. Ich finde aber, es sollte in der Gesellschaft Platz für Menschen geben, die tuntig sind oder polyamourös oder eine Kampflesbe oder non-binary.

Was brachte dich dazu, in Schaffhausen ein Queere Jugendgruppe zu starten?

Ich bin in Schaffhausen aufgewachsen und habe in dieser Stadt immer so eine provinzielle Enge gespürt. Als schwuler Jugendlicher fühlt ich mich eingezwängt in die dortigen Normen. Erst mit Beginn des Studium und mit dem Wegzug nach Zürich konnte ich mich richtig entfalten. Was mir in meiner Jugend gefehlt hat, war ein Safe Space – ein Ort, wo ich mich nicht vor Diskriminierung zu fürchten brauchte.

Wer steckt alles hinter dem Projekt?

Das Projekt Andersh habe ich mit meiner Kollegin Anna Rosenwasser aufgegleist. Sie ist auch in Schaffhausen aufgewachsen. Ich kenne Anna von der Jugendorganisation Milchjugend.

Was ist euer Ziel?

Das mag jetzt ein wenig pathetisch klingen: Wir wollen zukünftigen anderssexuellen Jugendlichen das bieten, was uns gefehlt hat. Und ein wenig Entwicklungshilfe leisten in Schaffhausen (lacht).

Im Januar habt ihr die Türen des Treffpunkts geöffnet. Wie lief der Start?

Sehr gut! Es kamen gleich auf Anhieb zwanzig junge Menschen zu unserem Treff. Die Atmosphäre war sehr entspannt. Und ich war sehr erleichtert, dass alles so reibungslos abgelaufen ist.

Du warst bei der letzten Campaign Bootcamp-Weiterbildung dabei. Was hat es dir gebracht?

Ich habe ganz viel Elan und Schwung für mein Projekt mitgenommen. Am Campaign Bootcamp verbrachte ich eine ganze Woche mit grossartigen, engagierten Menschen. Ohne diesen Motivationskick hätte ich Andersh nicht so vorantreiben können.

Was hat dir am besten gefallen?

Am spannendsten fand ich das Kampagnen-Szenario: Jeden Abend haben wir im Team gearbeitet und in einer Woche eine Kampagne entwickelt. Mit allem, was dazu gehört: Logos, Slogan, Newsletter, Website, Medienmitteilung, Krisen-Management und vieles mehr.

Wem empfiehlst du Campaign Bootcamp als Weiterbildung?

Allen Menschen, die sich gesellschaftlich engagieren wollen und die Freude haben an der Kampagnenarbeit. Das Campaign Bootcamp ist einfach eine super Erfahrung!

Campaign Bootcamp wird seit 2015 jährlich durchgeführt und wendet sich in erster Linie an junge Erwachsene, die sich zivilgesellschaftlich engagieren: etwa im Umwelt- und Naturschutz, im Asyl- und Migrationsbereich, in der Menschenrechtsarbeit, in der Friedens- oder Entwicklungspolitik, im kirchlichen, gewerkschaftlichen oder parteinahen Umfeld.